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Das Wort zum Sabbat – Archiv

– Artikel vom 28.11.2020 –



Die Wahrheit als Kitt

Jesus betete die ganze Nacht, bevor er die zwölf Apostel auswählte. Das berichtet uns Lukas in seinem Evangelium:

"Es begab sich aber zu der Zeit, dass er auf einen Berg ging, um zu beten; und er blieb die Nacht über im Gebet zu Gott. Und als es Tag wurde, rief er seine Jünger und erwählte zwölf von ihnen, die er auch Apostel nannte: Simon, den er auch Petrus nannte, und Andreas, seinen Bruder, Jakobus und Johannes; Philippus und Bartholomäus; Matthäus und Thomas; Jakobus, den Sohn des Alphäus, und Simon, genannt der Zelot; Judas, den Sohn des Jakobus, und Judas Iskariot, der zum Verräter wurde" Lukas 6,12-16).

Stellen Sie sich vor, Jesus wäre danach zu Ihnen gekommen wäre und hätte gesagt: "Das sind die zwölf Jungs, die ich erwählt habe, um die Welt zu verändern." Was hätten Sie als Jesu Zeitgenosse, als Jude, davon gehalten? Wenn Sie diese zwölf Männer gut gekannt hätten, hätten Sie wahrscheinlich Jesu Urteilsvermögen in Frage gestellt. Die Jünger waren eine unwahrscheinliche Gruppe von Männern, nicht das All-Star-Führungsteam, das sich die meisten von uns für die Besten gehalten hätten, wenn es unsere Absicht gewesen wäre, eine Bewegung ins Leben zu rufen, die die ganze Welt verändern sollte.

Die Apostel waren nicht auf Anhieb eine homogene Mannschaft. Nein, es handelte sich teils um sehr unterschiedliche Männer, die sich nicht unbedingt gegenseitig ausgesucht hätten. Simon der Zelot wurde deshalb so genannt, weil er ein "Eiferer" (Zelot, d. h. fanatischer Anhänger) war, d. h. er kam anscheinend aus den Reihen derjenigen, die die Römer aus Judäa vertreiben wollten. Zu ihm in der Gruppe der Apostel gesellte sich dann Matthäus, der Zöllner. Zur Eintreibung ihrer Steuern setzten die Römer Juden als Zöllner ein, und diese Juden wurden von vielen ihrer Landsleute gehasst, weil sie die römische Autorität darstellten. Simon und Matthäus als Mitstreiter in derselben Gruppe hätten von Natur aus so viel zueinander gepasst wie Eis und Feuer.

Dann haben die Johannes und Jakobus, die Jesus die "Donnersöhne" nannte (Markus 3,17). Als ein samaritisches Dorf Jesus und die Jünger nicht beherbergen wollte, meinten Johannes und Jakobus, etwas Feuer vom Himmel würde dem Dorf eine passende Lektion erteilen: "Herr, willst du, so wollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel falle und sie verzehre. Jesus aber wandte sich um und wies sie zurecht" (Lukas 9,54-55). Waren sie Hitzköpfe? Vielleicht. Jedenfalls hat Jesus ihnen nicht umsonst den Namen Donnersöhne gegeben. Sie fanden sich dann in der Gruppe mit Thomas zusammen, der Wert auf handfeste Beweise legte. Zwei Schnellreagierende und ein Zögerer, na denn, wieder eine harmonische Kombination!

Und wir könnten unsere Untersuchung fortsetzen. Was war der Kitt, der diese sehr unterschiedliche Gruppe in der ersten Zeit zusammen hielt? Haben sie gleich nach ihrer Berufung zum Apostel erkannt, wie ähnlich sie alle waren und wie harmonisch ihre Erfahrungen und Ansichten waren? Nein, so war es nicht. Das, war sie verband, waren die "Worte des ewigen Lebens", die sie von Jesus empfangen hatten. Als einige Jünger sich von Jesus trennten, fragte Jesus die Zwölf: "Wollt ihr auch weggehen?" Petrus antwortete für die Gruppe: "Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes" (Johannes 6,67-69).

Das, was die Apostel als Erstes verband, war die Wahrheit. Sie waren in der Wahrheit, in den "Worten des ewigen Lebens" geheiligt (Johannes 17,17). Erst danach konnte Jesus ihnen sagen: "Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt" (Johannes 13,34-35).

Die Heiligung durch die Wahrheit erhob sich über die sonst unterschiedlichen Ansichten und Überzeugungen, die sie sonst getrennt hätten, und ermöglichte ihnen die Nachahmng der Liebe, die Jesus zu ihnen hatte.

Fazit: Die Heiligung durch die Wahrheit, d. h. der gemeinsame Nenner der Wahrheit ermöglicht den Berufenen die zwischenmenschliche Annäherung durch das Heranwachsen in der Liebe.

In diesem Sinn wünsche ich allen einen gesegneten Sabbat.

In christlicher Verbundenheit

Paul Kieffer

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