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Das Wort zum Sabbat – Archiv

– Artikel vom 26.09.2020 –



Versöhnung suchen oder einfordern?

Vergebung zu suchen und zu erhalten ist eine Realität des christlichen Lebens. Wenn andere uns um Vergebung bitten, sind wir verpflichtet, ihrer Bitte nachzukommen. Wie sieht es jedoch aus, wenn wir der Bittende sind?

Vergebung von unseren Mitmenschen oder von Gott kann nicht verlangt, sondern nur empfangen werden. Gelegentlich bestehen die Schuldigen auf Vergebung, als wäre sie ein Recht, das man einfordern könnte. Sie drücken das in etwa wie folgt aus: "Nun ja, ich habe ein paar Fehler gemacht, aber ich habe sie bereut. Jetzt musst Du mir vergeben." Solche Worte sind für den Vergebungs- und Versöhnungsprozess kaum förderlich.

Im Gleichnis vom "verlorenen Sohn" (Lukas 15) bemüht sich der verlorene Sohn um Versöhnung mit seinem Vater, indem er ihm sagt: "Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße" (Vers 21). Was für ein Schuldbekenntnis! Obwohl der Sohn in seiner Verzweiflung nur zu gerne vergeben werden wollte, fühlte er sich unwürdig, seinen Vater direkt darum zu bitten. Bewundernswerterweise vergab der Vater seinem Sohn aufgrund der Einstellung, die der Sohn zeigte, und im Hinblick auf das Leiden, das der Sohn durch seine Sünden auf sich gebracht hatte.

An dem Beispiel des verlorenen Sohns erkennen wir die Wichtigkeit, dass der Schuldige – und das sind wir alle von Zeit zu Zeit – ohne Wenn und Aber sagt: "Mein Verhalten tut mir leid. Es tut mir sehr leid. Ich bedauere es sehr." Reue und Bedauern müssen aufrichtig sein und klar ausgedrückt werden, sonst wird keine Versöhnung stattfinden.

Wenn wir andere Menschen verletzt haben, wird es Zeit brauchen, bevor sie uns wieder vertrauen können. Das dürfen wir nicht vergessen. Wahrscheinlich wollen sie uns vertrauen, aber Zeit ist für das Heilen der Wunde notwendig, damit die Versöhnung ihren Lauf nehmen kann. Versöhnung ist ein Prozess, den man nicht im Schnellverfahren oder durch Drücken einer schnellen Vorlauftaste beschleunigen kann.

Vergebung ist ein Wahrzeichen der Kirche Gottes. Wir alle brauchen die Vergebung unseres himmlischen Vaters. Außerdem brauchen wir die Vergebung anderer Christen. Wir müssen sie jedoch suchen, denn Vergebung muss geschenkt werden. Nur dann ist der Prozess der Versöhnung abgeschlossen.

In diesem Sinn wünsche ich allen einen gesegneten Sabbat.

In christlicher Verbundenheit

Paul Kieffer

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