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Das Wort zum Sabbat – Archiv

– Artikel vom 12.03.2016 –

Urteilen und Verurteilen

Wir kennen Jesu Ermahnung in Bezug auf das Richten, die wir in Matthäus 7, Verse 1-2 finden: "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden."

In der "Hoffnung für alle"-Übersetzung wird Vers 1 wie folgt übersetzt: "Urteilt nicht über andere, damit Gott euch nicht verurteilt."

Manchmal wird Jesu Ermahnung missverstanden, und zwar dahin gehend, dass wir uns keine Meinung über andere oder eine Situation erlauben dürfen. Meinte Jesus, dass wir uns nie ein Urteil bzw. eine Meinung erlauben dürfen?

Im Leben kommen wir nicht um ein eigenes Urteil herum. Wir müssen in der Lage sein, Position zu beziehen. Wie sollten wir uns z. B. verhalten, wenn wir Zeugen eines Verbrechens würden, bei dem Menschen verletzt würden? Sollten wir schweigen, weil wir nicht urteilen dürfen?

Der unmittelbare Kontext der Ermahnung Jesu zeigt uns, dass wir zur Urteilsbildung fähig sein müssen. In Matthäus 7, Vers 6 lesen wir:

"Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben und eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen, damit die sie nicht zertreten mit ihren Füßen und sich umwenden und euch zerreißen."

Jesu meinte nicht Hunde und Säue im wörtlichen Sinn, sondern Menschen. Er sagt uns damit, dass manche Menschen hinsichtlich ihrer Einstellung zur Wahrheit wie Hunde und Säue sind, d. h., sie sind nicht in der Lage, die kostbare Perle der biblischen Erkenntnis zu schätzen, sondern würden sie nur missachten bzw. verachten.

Unser Herr und Meister vergleicht solche Menschen mit Hunden und Säuen und erwartet von uns, dass wir in der Lage sind, solche Menschen zu erkennen, damit wir unsere Perlen nicht vor sie werfen. Wie werden wir sie erkennen, wenn wir niemals urteilen dürfen?

Im weiteren Kontext der Ermahnung Jesu lesen wir Folgendes: "Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe" (Matthäus 7,15). Wir sollen in der Lage sein, falsche Propheten zu erkennen. Wie schaffen wir das, wenn wir nicht urteilen dürfen?

Worauf soll sich unsere Meinung in solchen Situationen gründen?

"An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man denn Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln? So bringt jeder gute Baum gute Früchte; aber ein fauler Baum bringt schlechte Früchte.Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen" (Matthäus 7,16-18).

Der Gesamtkontext von Matthäus 7 zeigt uns, dass Jesus in den ersten Versen des Kapitels das Urteilen im Sinn des Beurteilens bzw. der Meinungsbildung nicht verbot. Ihm ging es hingegen um das Verurteilen im Sinn des Gerichts. Wer das tut, maßt sich eine Verantwortung an, die nur Jesus Christus zusteht: "Der Vater richtet niemand, sondern hat alles Gericht dem Sohn übergeben" (Johannes 5,22).

In diesem Sinn wünsche ich allen einen gesegneten Sabbat.

In christlicher Verbundenheit

Paul Kieffer

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